Archiv 2005 - 2001

09.01.2002

Was ist von der Aktion "Kraft zum Leben" zu halten?

Pressemitteilung: Stellungnahme von Pfarrer Claus Wagner (Lemgo) Sekten und Weltanschauungsbeauftragter der Lippischen Landeskirche zu der Aktion „Kraft zum Leben“

In einer groß angelegten Kampagne werben prominente Persönlichkeiten unter dem Titel „Kraft zum Leben“ derzeit in Fernsehen und Zeitungen für ein gleichnamiges Buch. Ob der Popstar Cliff Richard, der Golfspieler Bernhard Langer oder der Fußballpieler Paulo Sergio - sie alle preisen die lebensverändernde Wirkung des Buches an.
Finanzier und Organisator der Kampagne ist die Arthur De Moss Stiftung aus Florida. Arthur De Moss, ein 1979 verstorbener erfolgreicher Versicherungsmakler, hinterließ nach Auskunft der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Berlin seiner Familie ein Vermögen mit dem Auftrag, es zur Durchsetzung christlicher Werte zu verwenden. Die Arthur DeMoss-Stiftung ist dem konservativen, evangelikalen Spektrum in den USA zuzuordnen.
Das Buch „Kraft zum Leben“ ist kein „Sektenbuch“. Das von Jamie Buckingham 1983 in den Hauptteilen verfasste Buch will Menschen zum christlichen Glauben einladen und darin anleiten. Dieses Anliegen ist in einer Zeit, da christliche Wertvorstellungen und christliche Lebensführung immer mehr in den Hintergrund treten, sicherlich begrüßenswert. Jedoch muss ein inhaltliches Fragezeichen hinter die Art und Weise gemacht werden.
Das Buch fordert dazu auf, „Freundschaft mit Gott“ zu schließen. Es richtet sein Augenmerk auf die persönliche Bekehrung, klammert jedoch die „Schwierigkeiten neuzeitlicher Menschen im Umgang mit dem christlichen Glauben“ (Dr. Reinhardt Hempelmann, EZW Berlin) völlig aus. Auf den Zusammenhang von christlichem Glauben und christlich verantwortetem Handeln in der Welt wird ebenfalls nicht eingegangen. Die Botschaft ist banal: Schließe Freundschaft mit Gott und dein Leben gelingt. Untermauert wird sie durch die Erfolgsberichte der prominenten Persönlichkeiten, die für das Buch werben.
Es klingt sicherlich verlockend, dass Golfprofi Bernhard Langer durch seine Bekehrung zu Gott aus einer schweren beruflichen Krise herausgekommen ist. Und wer wollte ihm dies bestreiten? Doch suggerieren Erfolgsstories wie diese die Wiederholbarkeit bei allen, die es genauso machen und den Weg gehen, den das Buch „Kraft zum Leben“ beschreibt. Glaube verkommt in Kampagnen wie dieser zu einem Erfolgsrezept, wie wir es, eben nur nicht mit christlichem Hintergrund, auch von der „Kraft des positiven Denkens“ oder aus der Ecke der Erfolgstrainings kennen.
Die Wirklichkeit im Leben mit dem Glauben an Gott sieht jedoch häufig ganz anders aus. Glaube bzw. persönliche Gottesbeziehung erwachsen oft erst in einem Prozess, der durch Vertrauen und Zweifeln gekennzeichnet ist. Zwar heißt es in der Bibel, „dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“ (Römer 8, 28) Damit sind aber keineswegs Lebenserfolgsstories gemeint, wie sie uns in dem Buch „Kraft zum Leben“ aufgetischt werden. In der Bibel ist der Glaube angesprochen, der in Krisen trägt und als Trost, Kraft und Lebenshilfe erfahren wird. Er ist nicht Rezept, nicht Mittel um ein nach weltlichen Maßstäben erfolgreiches Leben zu führen. Glaube ist nicht Erfolgsmethode, sondern Lebensbewältigung, Gewissheit - woher komme ich, wohin gehe ich? - und Orientierung - und dies gerade in der Auseinandersetzung mit den Problemen und Schwierigkeiten, die den neuzeitlichen Menschen beschäftigen.
Der Leser von „Kraft zum Leben“ wird die genannten inhaltlichen Fragezeichen sehr schnell selbst machen. Die Kraft der Suggestion, die von dieser Werbekampagne ausgeht, wird kaum von Dauer sein können. Von daher ist davon auszugehen, dass auch diese Aktion, ähnlich wie die flächendeckende Verteilung der Schrift Reinhard Bonnkes „Vom Minus zum Plus“ vor ein paar Jahren, in der Versenkung verschwinden wird. Missionarische Impulse sind letztlich nur von seelsorgerlicher Begleitung zu erwarten, die die Menschen dort abholt, wo sie in ihrem Leben stehen. Sie werden nicht durch plakative Glaubenszeugnisse zu setzen sein, die nichts anderes repräsentieren als den allerorts geträumten Traum vom besseren Leben.

  • Twitter
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Windows Live