Sie gestalteten die Tagung über Vorbilder im Religionsunterricht: Kirchenrat Tobias Treseler, Professor Dr. Hans Mendl und Alexandra Lamberty von der Universität Passau, Katrin Holthaus vom Erzbistum Paderborn und Schulreferent Andreas Mattke (von links).

Biografien entdecken

Thema Vorbilder: Fachtagung Religionsunterricht der Lippischen Landeskirche

Kreis Lippe. Haben Kinder und Jugendliche heute Vorbilder? Woher kommen sie? Wie wichtig sind sie für die Entwicklung? Mit solchen Fragen beschäftigten sich rund 50 Religionslehrerinnen aller Schulformen bei der Jahrestagung zum Religionsunterricht am Mittwoch (3.11.), zu der die Lippische Landeskirche in das Landesmuseum Detmold eingeladen hatte. Kirchenrat Tobias Treseler dankte den Religionslehrenden für ihren „Dienst in einer besonders herausfordernden Zeit“. Zugleich unterstrich er die Bereitschaft der Lippischen Landeskirche, Religionslehrende in ihrer Arbeit mit unterstützenden Angeboten wie der Jahrestagung zu begleiten.

Mehrere Referenten beleuchteten das Thema „Biografien entdecken – Vorbildern begegnen“ aus unterschiedlichen Perspektiven.

Biblische Vorbilder für den Religionsunterricht? Wer hier strahlende Helden erwartet, wird enttäuscht: „Jakob war ein Betrüger. David hatte eine Affäre. Mose stotterte und war ein Mörder.“ Die Reihe der Beispiele, die Hans Mendl anführt, ließe sich fortsetzen. Der Professor für Religionspädagogik an der Universität Passau spricht von „gebrochenen Biografien“. Gerade an ihnen könnten Schüler ihre Identität entwickeln. „Gott beruft nicht die Qualifizierten. Er qualifiziert die Berufenen“, sagte Mendl.

Auch Schulreferent Andreas Mattke glaubt, die biblischen Vorbilder könnten helfen, mit den eigenen Schwächen umzugehen – besonders wichtig angesichts des Wahns von Optimierung und Perfektion, der gerade auch Heranwachsende betreffe. „Vorbilder, die wirklich zählen, kommen aus dem engeren Bereich von Familie und Freundeskreis.“ Jugendliche wüssten zu unterscheiden zwischen ihnen und fernen Idolen.

Eine ganz andere Art von Vorbildern stellte Alexandra Lamberty vor, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Religionspädagogik der Uni Passau: Influencer – sie treten regelmäßig in Internet-Kanälen wie YouTube oder Instagram auf, inszenieren sich selbst und treiben Werbung für kommerzielle, aber auch ideelle Inhalte wie etwa vegane Ernährung. Manche erreichen Millionen. Für viele Kinder und Jugendliche sind Influencer von starker Bedeutung. „Dagi Bee“ zum Beispiel, der fast vier Millionen folgen, lässt ihre Fans an ihrem Alltag teilhaben und gibt Tipps rund um das Thema Schönheit und Mode. Als sie ihre Schwangerschaft bekannt gab, sagten junge Frauen, sie seien mit ihr erwachsen geworden und bekannten, es fühle sich gerade so an, als wäre ihre beste Freundin schwanger.

Doch nicht für alle Kinder und Jugendlichen sind Influencer Vorbilder. Manche sehen in ihnen „nur Leute, die ihr Leben filmen und es mit anderen teilen“, andere erkennen, dass „sie manchmal einfach fake sind“. Für Alexandra Lamberty sind Influencer im Religionsunterricht eine gute Möglichkeit für Kinder und Jugendliche, über die eigene Identität nachzudenken. Auch ökologisches Engagement, Nachhaltigkeit oder Müllvermeidung könnten Thema werden. Einige Influencer sprechen über die Bibel, einige über ihr klösterliches Leben als Ordensleute – die Themen sind weit gefächert.

Dass St. Martin, Nikolaus oder Luzia auch für evangelische Kinder interessant sein können, zeigte Katrin Holthaus vom Erzbistum Paderborn in ihrer Arbeitsgruppe: „Heilige – alles andere als fromme Langweiler.“

Pauline – ein Vorbild? Die lippische Landesmutter als historische Figur mit Stärken und Schwächen stellte Julia Schafmeister den Tagungsteilnehmern vor. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Landesmuseums führte durch die Ausstellung zur Fürstin Pauline (1769-1820).

11.11.2021