Glasfenster mit Zacharias. Bild von Dorothée Quennesson, Pixabay

Türchen 13

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Ein Interview mit Zacharias

Herr Zacharias, Sie waren 30 bis 40 Jahre lang Priester am Jerusalemer Tempel. Aber dann sind Sie plötzlich unter die Dichter gegangen. Noch heute, gut 2000 Jahre später, liest man Ihr Hauptwerk in vielen Kirchen am 3. Advent. Wie kam das?

Zacharias: Tja, das habe ich unserem Sohn Johannes zu verdanken, oder besser dem, der ihn uns geschenkt hat. Meine Frau Elisabeth und ich waren schon ziemlich alt. Wir hatten schon alle Hoffnung auf Kinder aufgegeben. Als Elisabeth dann trotz Ihres Alters noch schwanger wurde, hat es mir erstmal für ein paar Monate buchstäblich die Sprache verschlagen.

Bevor Sie zum Dichter wurden waren Sie längere Zeit sprachlos?

Zacharias: Ja. Ich hab’s einfach nicht glauben können. Übrigens beides, dass wir noch ein Kind bekommen sollen, und dass dieses Kind auch noch Hoffnung in diese Welt bringen sollte! In diese Welt.

Diese Welt? War denn alles so hoffnungslos?

Zacharias: Na, irgendwie schon. Damals hatten uns die Römer besetzt, und das war kein Zuckerschlecken. Aber vor allem waren da die Sorgen um die Zukunft. Die Konflikte im Land schaukelten sich hoch, Spaltungen im Volk. Manche sagten: Das alles könnte letztlich sogar zur Zerstörung des Tempels führen – eigentlich undenkbar. Aber 70 Jahre später geschah genau das wirklich – durch die Römer.

Und da hat Ihnen die Geburt Ihres Sohnes Hoffnung gemacht?

Zacharias: Ja, Elisabeth und mir persönlich. Aber weit darüber hinaus. Denn plötzlich wusste ich einfach – fragen Sie nicht woher: Gott lässt uns alle zusammen nicht um Stich. Er kommt uns zur Hilfe. Sicher anders als wir gehofft hatten, nicht mit Armeen und gewaltigen Siegen. Sondern mit dem Weg des Friedens und über Menschen, die er bewegt. Das begann mit unserm Johannes, und das wurde dann ja konsequent von Jesus von Nazareth umgesetzt, den Johannes tauften durfte.

Und das haben Sie alles gesehen in dem Augenblick?

Zacharias: Ja, plötzlich und nur für einen Augenblick. Und dann konnte ich auch wieder sprechen. Die Worte kamen nur so aus mir heraus – ein Gedicht! Und das mir, einem der unpoetischsten Priester, die es je gab!

Wenn man Ihr Gedicht heute so liest, dann kommt es einem so vor wie ein Protestlied gegen die Hoffnungslosigkeit. Ist es so gemeint?

Zacharias: Wie es heute auf Sie wirkt, müssen Sie selber entscheiden. Ich weiß nur, dass Ihre Zeit auch Ihre Probleme hat. Große Probleme. Existenzielle Probleme. Wenn mein Gedicht Ihnen Hoffnung macht, dann soll es mich sehr freuen. Aber eigentlich ist es ja nicht dieses kleine Gedicht, was Hoffnung macht…

Bitte lesen Sie uns aus Ihrem Gedicht vor:

Zacharias:
„Gelobt sei der Herr, der Gott Israels!
Denn er hat besucht und erlöst sein Volk …“


Das Gedicht lesen Sie unter Lukas 1, 67-79,
die ganze Geschichte von Zacharias und Elisabeth schon ab Vers 5

 

Dieter Bökemeier