Politik braucht Werte

Landrat Dr. Axel Lehmann und Landessuperintendent Dietmar Arends diskutieren über das Verhältnis von Religion und Politik

Kreis Lippe/Detmold. Unter dem Titel „Die Wohltat von Recht und Ordnung“ haben Landrat Dr. Axel Lehmann und Landessuperintendent Dietmar Arends im Plenarsaal des Kreishauses über das Verhältnis von Religion und Politik diskutiert. Den theologischen Rahmen der Veranstaltung in der landeskirchlichen „Profile“-Reihe bildeten Aussagen des Theologen Karl Barth (1886-1968), Mitbegründer der Bekennenden Kirche und maßgeblich an der Entstehung der Barmer Theologischen Erklärung beteiligt, mit der sich evangelische Christen 1934 von der Weltanschauung des Nationalsozialismus abgrenzten. Moderiert wurde das Gespräch von Pfarrerin Brigitte Fenner (Heiden).

Am liebsten hätte Fenner noch einen vierten, leeren Stuhl in der Runde aufgestellt, meinte sie nach der Vorstellung der beiden Diskussionsteilnehmer: „Schließlich war Barth einer der bedeutendsten Theologen des vergangenen Jahrhunderts.“ Als Pfarrer in einem kleinen Dorf, das aber schon deutlich von der Industrialisierung geprägt war, sei er zu einem religiösen Sozialisten geworden, der sich sogar mit den hochrangigen Familien anlegte, die am Bau seiner Kirche beteiligt waren.
Auch Arends verwies auf ein prägendes politisches Erlebnis: Mit 300.000 Teilnehmern protestierte er 1981 auf der Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten gegen den NATO-Doppelbeschluss zur atomaren Aufrüstung. „Viele von uns, die da demonstriert haben, haben es aus ihrem Glauben heraus getan.“
Bei Lehmann sei dagegen die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl ein entscheidender Moment gewesen. Für die politische Überzeugung, „Nein“ zur Atomkraft zu sagen, habe dabei auch die religiöse Ebene, die Schöpfung wahren zu wollen, eine große Rolle bei ihm gespielt. „Politik braucht Werte als ihr Fundament, der christliche Glaube ist ein wichtiger Teil davon“, betonte der Landrat.
Für Karl Barth sei nach dem Zweiten Weltkrieg klar gewesen, dass die Kirche das Wort ergreifen und Stellung nehmen müsse, erläuterte Dietmar Arends. Wie aber sieht es heute aus? „Wir befinden uns in einer Zeit, in der die Gesellschaft nicht nur in Deutschland von Spaltungen bedroht wird“, erklärte Lehmann. Er hoffe, dass die Kirche dabei mitwirke, „den Trumps, Johnsons und Orbans dieser Welt“ zu widersprechen. „Wenn ich feststelle, dass rechte Kräfte auf dem Vormarsch sind, dann soll, dann muss Kirche eingreifen, da es um unser Wertefundament geht.“ Arends erwiderte, dass die Kirche in vielen politischen Fragen eine klare Haltung zeige. „Wir haben Positionen, die wir in die Diskussion einbringen müssen.“ Zwar sei man nicht immer einer Meinung, aber auch der Austausch inhaltlicher Differenzen sei von respektvoller Kommunikation geprägt. Gleiches galt für die anschließende Debatte mit dem Publikum, bei der zum Beispiel neben dem Wunsch nach deutlicherer Positionierung der Kirche gegen Atomkraft auch biblizistisch motivierte Kritik am Verhältnis der Kirche zu Politik und Gesellschaft geäußert wurde. Das Saxophonquartett AbraxSax begleitete den Abend musikalisch.

09.10.2019