„Füreinander verlässlich sorgen“

Marktplatzgespräch beschäftigte sich mit modernen Lebensformen

Dieter Bökemeier und Monika Korbach (hinten, von links) leiteten das Gespräch mit Christoph Pompe, Dr. Insa Schöningh, Wolfgang Bergmann und Britta Queste (vorn, von links).

Detmold. Was kennzeichnet eine Familie? Welchen Stellenwert besitzt das Leitbild der traditionellen bürgerlichen Ehe für die evangelische Kirche? Mit diesen Fragen beschäftigte sich das von Bildungsreferentin Monika Korbach (Lippische Landeskirche) und Pfarrer Dieter Bökemeier (Ev.-ref. Kirchengemeinde Detmold-Ost) geleitete „Marktplatzgespräch“ zum Thema „Von Patchwork bis Regenbogen“ im Gemeindehaus am Markt.

Die Gesprächsteilnehmer Dr. Insa Schöningh (Bundesgeschäftsführerin der Ev. Aktionsgemeinschaft für Familienfragen, Berlin), Wolfgang Bergmann (Familiencoach aus Bielefeld), Pfarrer Christoph Pompe (Ev. Beratungszentrum der Lippischen Landeskirche) und Britta Queste (Leiterin der Kindertageseinrichtung „Morgenstern“ der Fürstin-Pauline-Stiftung) stimmten überein, dass hinsichtlich der Kindererziehung Lebenspartnerschaften oder Patchwork-Familien der traditionellen Familie in vielerlei Hinsicht gleichzusetzen seien.
Insa Schöningh verwies auf die vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Juni veröffentlichte Orientierungshilfe zum Thema Familie. Das Papier mit dem Titel „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit - Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“ erweitere den tradierten Familienbegriff. Insa Schöningh: „Familie ist da, wo Generationen füreinander verlässlich sorgen.“
Die EKD-Schrift entwerte weder die traditionelle Ehe zwischen Mann und Frau noch rufe sie dazu auf, die Familie abzuschaffen. Die Orientierungshilfe fordere die Anerkennung aller Familienformen und benenne gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften als Familie. Der tiefere Sinn des Textes liege darin, nach außen zu dokumentieren, dass der EKD alle Menschen willkommen seien, die sich in Liebe und Fürsorge mit- und füreinander verbunden hätten.
Wolfgang Bergmann sprach sich dafür aus, die variablen Lebensformen am Ethos zu messen, das sie zusammenhalte. Es gebe sicherlich eine „Sehnsucht nach der heilen Familie“. Diese „heile Familie“ erschöpfe sich nicht in der formalen Konstellation „Vater, Mutter, Kind“. Inhaltlich sei gemeint, dass die Lebenspartner sich darüber verständigen sollten, was ihnen hinsichtlich ihrer Lebensgestaltung wichtig und wertvoll sei. Wenn Lebenspartner aufrichtig miteinander umgingen und miteinander glücklich seien, sei das gut auch für die Kinder.
Britta Queste sagte, dass in der Kita „Morgenstern“ von den dort betreuten 58 Kindern 42 in einer „klassischen“ und zehn in einer Patchwork-Familie lebten. Sechs Kinder lebten bei einem alleinerziehenden Elternteil. Diese Zahlen verdeutlichten möglicherweise, so die Kita-Leiterin, dass die EKD-Familienschrift nur das beschreibe, was in der Praxis gang und gäbe sei.
Christoph Pompe erinnerte daran, dass Ehe und Familie unter juristischen Gesichtspunkten unentbehrlich seien, um Verlässlichkeit zu gewährleisten. Die juristischen Begriffe abschaffen und die Kindererziehung allein auf „innere Werte“ abstellen zu wollen, könne der gesellschaftlichen Realität dauerhaft nicht standhalten. Gleichwohl sei klar, dass für die verantwortungsvolle Kindererziehung „die sexuelle Orientierung der Erwachsenen nicht ausschlaggebend ist. Entscheidend ist, dass die Kinder verlässliche erwachsene Gegenüber finden.“
 

14.10.2013