Auf Fremde zugehen

Jugendbibeltag: Rassismus und Rechtsextremismus entgegentreten

Ein Schritt voran: Wenn die Jugendlichen eine Frage von Johannes Böing (rechts) bejahten, durften sie etwas vorrücken.

Kreis Lippe. „Lieber bunt als braun - Dem Rassismus und Rechtsextremismus kompetent entgegentreten!“ Das war das Motto des Jugendbibeltags der Lippischen Landeskirche am Samstag, 10. November, im Tagungszentrum „Haus Neuland“ (bei Sennestadt). Landesjugendpfarrer Peter Schröder und Jugendbildungsreferent André Stitz konnten zu Workshops und Gottesdienst rund 50 Jugendliche aus lippischen Kirchengemeinden begrüßen.

Nach der Gedenkfeier zur Reichpogromnacht am 9. November 2011 wurde der Kranz, den die Evangelische Jugend Lippe am Synagogen-Gedenkstein in Detmold niedergelegt hatte, gestohlen und der Gedenkstein mit Hakenkreuzen beschmiert. Das war der Anlass dafür, sich in diesem Jahr ausführlicher mit Rassismus und Rechtsextremismus zu beschäftigen.
Peter Schröder und André Stitz hatten zum Jugendbibeltag den Diplom-Pädagogen Johannes Böing eingeladen, der die Katechumenen und Konfirmanden in Rollenspielen und anschließenden Gesprächsrunden auf Erscheinungsformen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit hinwies.
Zum Beispiel gab Böing den Jugendlichen jeweils unterschiedliche Rollen vor - von der 67-jährigen Türkin über den polnischen Facharbeiter bis zum deutschen Familienvater - und stellte ihnen dann identische Fragen. Kann ich einen Personalausweis auf dem Einwohnermeldeamt beantragen? Ist es einfach, einem Tennisverein beizutreten? Bei einem „Ja“ durften die Jugendlichen einen Schritt nach vorn machen, um ihr Ziel zu erreichen, in diesem Fall die andere Seite des Tagungssaals. Das Ergebnis überraschte die jungen Leute und machte sie nachdenklich: Nur wenige erreichten das Ziel. Die meisten blieben auf der Strecke. Eine Person kam gar nicht vom Fleck.
Um die Jungen und Mädchen für das Erleben von Fremdheit zu sensibilisieren, verabredete Böing mit einer Gruppe eine „ausländisch“ anmutende Form der Gesprächsführung mit „seltsamen“ Gesten und betont langsamer Aussprache. Eine andere Gruppe, die von dieser Vereinbarung nichts wusste, sollte sich anschließend am Gespräch beteiligen. Fazit: Es gab viele Missverständnisse und die eine Gruppe machte sich lustig über die andere. Johannes Böing: „Dieses Spiel lässt die Jugendlichen erleben, dass es schnell zu Missverständnissen und Enttäuschungen kommt, wenn man fremde Kulturen und deren Gepflogenheiten nicht kennt.“
Peter Schröder und André Stitz werteten den Jugendbibeltag mit seinen vielen Praxisübungen als gelungene Sensibilisierung dafür, dass Fremdheit Irritationen auslöst. Diese Verunsicherungen könnten nur überwunden werden, wenn man den Mut aufbringe, auf Fremde zuzugehen, um sie zu verstehen. Pfarrer Schröder: „Es war ein ergebnisreicher Jugendbibeltag, der bei den Jugendlichen nachwirken wird. Das Thema hat die jungen Leute nicht unberührt gelassen.“
 

14.11.2012