Miriam und Stefan Wolf berichteten in der Theologischen Bibliothek über ihre Jahre in Kanada.

Einmal Kanada und zurück

„Wenn Fremdes vertraut und Vertrautes fremd wird“

Detmold. Kanada, das ist Weite, Wälder, Bären und Indian Summer. Ja, auch – stimmten Miriam und Stefan Wolf den Assoziationen ihrer Zuhörer zu. Sie sind nach Kanada ausgewandert und wieder zurückgekehrt, und darüber berichteten sie am Donnerstagabend in der Reihe „Fremde.Heimat.Lippe.“ in der Theologischen Bibliothek der Lippischen Landeskirche.

 „Wer weg gewesen ist und zurückkehrt, sieht das Vertraute vielleicht mit anderen Augen“, sagte Landespfarrer Tobias Treseler in seiner Anmoderation.

Es war eine privilegierte Situation, in der Familie Wolf vor acht Jahren nach Kanada aufbrach. Nicht, wie so oft, eine Flucht aus der Katastrophe ohne Aussicht auf Arbeit und Unterkunft. Stefan Wolf hatte sich auf eine Auslandspfarrstelle der Evangelischen Kirche in Toronto beworben.

Die Lebensphase in Kanada sollte eigentlich bis 2009 gehen, ist dann aber durch die Entscheidung, die Geschäftsführung der „Peter Gläsel Stiftung“ in  Detmold zu übernehmen, etwas verkürzt worden.

Multikulturelle Gesellschaft, Bildungssystem, Religion und Arbeitsplatz Kirche waren die wesentlichen Themen über die Miriam und Stefan Wolf berichteten. Viele unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, viele verschiedene Sprachen, aber letztlich „hält sich jeder für einen Kanadier“, erklärte Stefan Wolf: „Alle Unterschiede verlieren an Gewicht. Englisch ist die Basis, auf der man sich treffen und austauschen kann“, fügte er hinzu. Durch die Vielfalt im Alltag denke man mehr über das „eigene Herkommen“ nach. „Sie merken, dass sie aus einer Geschichtlichkeit kommen. Sie lernen Toleranz, und die wird auch von anderen gelebt.“

Eine Vielfalt, die sie und ihre Söhne sehr genossen hätten, meinte Miriam Wolf, die auf die Vorzüge des kanadischen Schulsystems hinwies.

„Die Schüler werden individuell wahrgenommen, gefördert und in allen Belangen unterstützt. Das haben wir als außerordentlich positiv erlebt“, berichtete sie. Es gebe einen respektvollen Umgang miteinander, alle würden integriert, keiner zurückgelassen.

500 Gemeindeglieder verteilt auf ein Gebiet von der Größe Lippes – so stellte sich dem neuen Pfarrer in der Martin Luther Kirche in Toronto sein Arbeitgeber dar: „Eine konservative Gemeinde, aber mit fröhlichen und unverkrampften Gottesdiensten“, wie der Pfarrer feststellen konnte.

Das alles in einem religiösen Marktplatz mit vielen Anbietern in 2700 Gemeinden in Kanada, die vom Engagement ihrer Mitglieder leben. „Über Geld redet man nicht, man gibt, und zwar gerne“, sagte Wolf.

„Es gibt ein ausgeprägtes soziales Engagement von Christinnen und Christen, und es gibt eine gelebte Ökumene trotz des religiösen Markplatzes“, erklärte er. Man suche nicht nach gemeinsamen Nennern, sondern akzeptiere die Unterschiede. Aber man arbeite an gemeinsamen Projekten, und das führe dann auch zusammen.

 Der wenig entspannte Umgang mit Menschen anderer Nationen war es, der den Auswanderern bei ihrem ersten Heimaturlaub vor fünf Jahren unangenehm auffiel. „Seitdem ist Deutschland glücklicherweise wesentlich multikultureller geworden. Wir sind farbenblind geworden und was uns sehr schwer fällt, ist die Einteilung in Schubladen, die hier oft so beliebt ist“, fassten die Referenten ihre Eindrücke zusammen.

05.11.2008