„Präzise Landwirtschaft“

Agrarexperte Prof. Dr. Werner Buchner auf dem Evangelischen Bauerntag

Pfarrer Andreas Weißbach und Kirchenrat Andreas-Christian Tübler (von links) sowie Pfarrer Friedrich Wehmeier (rechts), landeskirchlicher Beauftragter für den „Dienst auf dem Lande“, begrüßten Prof. Dr. Werner Buchner auf dem Evangelischen Bauerntag.

Kreis Lippe/Langenholzhausen. Schwankende Einkommen und zunehmende Forderungen des Boden-, Wasser- und Naturschutzes zwingen die Landwirte zu kostensparenden und bodenschonenden Anbauverfahren. Für Prof. Dr. Werner Buchner (Bonn) von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen kommen neben diesen bekannten Tatsachen zusätzliche Herausforderungen auf die Landwirte zu: Klimatische Veränderungen erforderten veränderte Anbaukonzepte für eine umweltverträgliche und zugleich ökonomische Bodenbewirtschaftung. Buchner sprach vor etwa 120 Zuhörern auf dem Evangelischen Bauerntag der Lippischen Landeskirche am Sonntag, 4. Mai, in Kalletal-Langenholzhausen.

Pfarrer Andreas Weißbach von der gastgebenden evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Langenholzhausen hatte den Evangelischen Bauerntag mit einem Gottesdienst eröffnet. Kirchenrat Andreas-Christian Tübler machte in seinem Grußwort darauf aufmerksam, dass die produzierenden Landwirte sich in einem Spannungsfeld zwischen Wertschöpfung und Werterhalt bewegten. Einerseits sei es ihr Beruf, durch die Lebensmittelproduktion zur Wertschöpfung beizutragen, andererseits dürfe diese Wertschöpfung die Ressource Boden nicht beschädigen.

Prof. Buchner erläuterte in seinem agrarwissenschaftlichen Fachvortrag den Einfluss von Boden, Wasser und Klima auf das Gedeihen von Nutzpflanzen. Nach Meinung von Klimaforschern gelte es als gesichert, dass die Jahresdurchschnittstemperatur bis zur Jahrhundertmitte um zwei bis drei Grad ansteige. Aber nicht jeder einzelne Tag im Jahresverlauf werde wärmer, sondern die Höchsttemperaturen würden steigen und die Zahl der Fröste sich verringern. Die gewohnte Gleichung „dunkle Jahreszeit = tiefe Temperaturen“ werde wegen des Ausbleibens der Fröste nicht mehr in bekannter Weise gelten. Prof. Buchner: „Der Laubbaum muss im Herbst seine Blätter nicht mehr abwerfen - er weiß es nur noch nicht.“

Das Wetter werde mit Starkregenfällen und Hagelniederschlägen zu mehr Extremen neigen, die jahresdurchschnittliche Niederschlagsmenge leicht wachsen: Im Frühjahr werde es kräftig mehr regnen als jetzt, im Frühsommer sei hingegen mit Trockenheit zu rechnen. Im Frühjahr beeinträchtige Staunässe auf den Feldern die Wurzelentwicklung und das Befahren der Felder. Eine Frühsommertrockenheit beschleunige bei Getreide die Fruchtentwicklung, verringere jedoch gleichzeitig die Ertragsmenge. Spätere Niederschläge könnten den Ertrag nicht mehr steigern.

Der Klimawandel begünstige vermutlich den Anbau von Pflanzen, die jetzt noch als Exoten gelten würden: Elefantengras (Miscanthus), Sudangras, Amarant.

Der Experte der Landwirtschaftskammer riet seinen Zuhörern, auf den Klimawandel mit einer „präzisen Landwirtschaft“ zu reagieren. Sie sollten die in der wissenschaftlicher Forschung erarbeiteten Verfahren der Fruchtfolgegestaltung nutzen und die Fruchtfolge über einen Zeitraum von drei bis sechs Jahren planen. Die Bauern sollten teilflächenspezifische Bodenuntersuchungen vornehmen lassen, wodurch das Zugabeoptimum von Dünger präzisiert werden könne. Die Nutzung satellitengestützter Felddaten sowie eine zeitnahe und ortgenaue Wettervorhersage per SMS oder Internet seien weitere Bausteine dieser präzisen Landwirtschaft. Diese erfordere einen höheren Aufwand als traditionelle Methoden. Bei vermutlich steigenden Preisen für landwirtschaftliche Produkte lohne sich jedoch dieser Mehraufwand in der betrieblichen Praxis.

06.05.2008