Pfarrer Richard Krause, Pfarrer i.R. Martin Hankemeier, Pastorin Christel Grüneke (ev.-methodistische Gemeinde) und Bürgermeister Christian Liebrecht (von links) weihten die von Professor Axel Seyler gestaltete Stele ein., Pastorin Christel Grüneke (ev.-methodistische Gemeinde) und Bürgermeister Christian Liebrecht (von links) weihten die von Professor Axel Seyler gestaltete Stele ein.

Ermutigung zum Miteinander

Holocaust-Mahnmal im Friedenspark Lage eingeweiht

Lage. „Gott gebe uns Kraft für eine gute gemeinsame Zukunft.“ Mit dieser Bitte weihte der frühere Lagenser Pfarrer Martin Hankemeier am Sonntag, 21. Oktober, die Holocaust-Gedenkstele im Friedenspark Lage ein. Die Stele aus gebranntem Ton erinnert an die 22 jüdischen Bürgerinnen und Bürger aus Lage, die während der NS-Gewaltherrschaft ermordet wurden. Das Mahnmal ist ein gemeinsames Projekt der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe und der Stadt Lage.

Pfarrer i.R. Hankemeier verdeutlichte, dass die Gedenkstele einerseits an die Vergangenheit erinnere, um die jüdischen Opfer der Nazi-Zeit zu ehren. Andererseits ermutige sie zu einem neuen guten Miteinander aller Gruppen und Religionen. Hankemeier: „Wer seine Geschichte vergisst, ist verurteilt, sie zu wiederholen. Lassen Sie uns zusammenstehen und zusammenhalten, damit sich Ähnliches nicht wiederholt.“

Bürgermeister Christian Liebrecht sagte, dass auch nach mehr als sechs Jahrzehnten die Erinnerung an die Nazi-Diktatur mit größter Trauer verbunden sei. Die Gedenkstele sei ein wichtiges Zeichen gegen das Vergessen der furchtbaren NS-Gräueltaten, die vor den Toren Lages nicht Halt gemacht hatten. Liebrecht: „Die Stele erinnert an die Opfer, die in unserer Stadt gelebt haben, deren Familien auseinander gerissen, verfolgt und umgebracht wurden.“ Pfarrer Hankemeier habe im August 2005 mit einem Antrag an den Rat die Errichtung der Stele angeregt. Rat und Verwaltung hätten den Bau des Mahnmals als Stätte der Erinnerung befürwortet und durch die Bereitstellung von Bauhof-Mitarbeitern zur Projektverwirklichung beigetragen.

Die spendenfinanzierte Stele nach einem Entwurf des lippischen Bildhauers Professor Axel Seyler (Blomberg-Dalborn) ist ein eindrucksvolles Kunstwerk aus gebranntem Ton. Die vier Meter hohe Säule setzt sich aus Ziegeln in zwölf verschiedenen Formen und Formaten zusammen. Sie hat ein quadratisches, konkaves Grundmaß von 85 mal 85 Zentimetern. Nach oben erweitert sie sich über ein Fünfeck zu einem Sechseck von 1,45 Meter Breite in Anlehnung an den jüdischen Davidstern. In Erinnerung an die Geschichte der Juden in Ägypten und weil Lage früher die Hauptstadt des lippischen Zieglerwesens war, hatte sich Prof. Seyler für eine Denkmalgestaltung aus Ziegeln entschieden.

Ein norddeutsches Klinkerwerk lieferte die für die Stelenziegel benötigten acht Tonnen Ton ins Ziegeleimuseum Lage. Dort fertigten Mitarbeiter einer Detmolder Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft die Steine nach „alter Art“ per Hand. Anschließend gingen die luftgetrockneten Ziegel zurück ins Klinkerwerk und wurden dort bei über 1.000 Grad rot gebrannt. Schließlich wurden sie im Friedenspark zur Stele vermauert. Zu Füßen des Holocaust-Denkmals, das von einem Betonkern getragen wird, verlegten städtische Bauhof-Mitarbeiter historische Pflastersteine.

Seit März vergangenen Jahres hatte sich Pfarrer i.R. Martin Hankemeier dafür eingesetzt, dass eine möglichst breite Öffentlichkeit das Projekt durch Spenden unterstützt. Bürgermeister Christian Liebrecht, Pfarrer Richard Krause (evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Lage) und Pfarrer Johannes Godduhn (Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche - SELK) solidarisierten sich mit der Spendenbitte. Ihr Appell verhallte nicht ungehört.

Firmen und Einrichtungen trugen mit namhaften Beiträgen und Sachleistungen bei zum Bau der etwa 20.000 Euro kostenden Stele. Ideelle und praktische Unterstützung leisteten jüdische Familien, die Lippische Landeskirche, Kirchengemeinden in Lage, die Solidarische Kirche in Lippe, die Stadt Lage, der Lippische Heimatbund Lage, die August-Kluckhohn-Stiftung, Gymnasium und Realschule der Stadt Lage, Mitwirkende an Benefizkonzerten sowie das Netzwerk Lippe, die Euwatec Detmold und das Ziegeleimuseum Lage.

Vor der Stele wurde eine Gedenktafel mit den Lebensdaten und Sterbeorten der 22 Nazi-Opfer jüdischen Glaubens angebracht, deren Namen Pfarrer Richard Krause bei der Einweihung verlas. Der in Lage geborene Hans H. Werthauer, der als einziger aus der jüdischen Lagenser Familie Bernhard Werthauer die nationalsozialistische Herrschaft überlebt hat, stiftete die in Edelstahl ausgeführte Namenstafel. Hans H. Werthauers Vater Bernhard (geboren 1884 in Lage) kam 1944 beim sogenannten Todesmarsch vom Konzentrationslager Buchenwald ins KZ Dachau ums Leben. Hans H. Werthauer sagte einmal: „Mein Vater hat kein Grab. Die Stele soll sein Grabstein werden.“

23.10.2007