Archiv 2005 - 2001

13.05.2002

Gemeinsam Anwälte sein

Pressemitteilung: Landessuperintendent Noltensmeier im Dom zu Paderborn: Christen warnen und mahnen vor dem, was die Gesellschaft bedroht

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„Es gibt kein Zurück hinter das, was auf dem Weg der Ökumene erreicht worden ist“: Landessuperintendent Gerrit Noltensmeier predigte im Dom zu Paderborn.

Neben dem Erzbistum Paderborn, vertreten durch Johannes Joachim Kardinal Degenhardt, waren auf evangelischer Seite die Landeskirchen in Westfalen und Lippe sowie die Evangelisch-freikirchliche Gemeinde beteiligt: durch Vizepräses Dr. Hans D. Hoffmann von der Evangelischen Kirche von Westfalen, Superintendent Christoph Berthold vom Kirchenkreis Paderborn und dem freikirchlichen Pastor Peter Stenger. Die Orthodoxie war repräsentiert durch den griechischen Erzpriester Tilemachos Margaritis (Dortmund), Bischof Dionysios Isa Gürbüz und Abt Hanna Aydin (Warburg) von der Syrisch-Orthodoxen Diözese Deutschland sowie Bischof Anba Damian aus Brenkhausen bei Höxter von Koptisch-Orthodoxen Patriarchat.
Der leitende Theologe der Lippischen Landeskirche hob in seiner Predigt das bisher Erreichte auf dem Weg der Ökumene hervor: „Was eben noch undenkbar schien, ist Wirklichkeit geworden, ist fast schon selbstverständlich.“ Trotz aller Enttäuschungen, Verweigerungen und Verletzungen gebe es kein Zurück hinter den jetzigen Stand. Noltensmeier zeichnete ein hoffnungsvolles und zugleich nüchternes Bild der gegenwärtigen und künftigen Beziehungen der Kirchen: „Wir haben gelernt, die Sprache der Geschwister mit zu sprechen, gemeinsam zu beten. Und werden weiter suchen und finden, hier voll Bewunderung, da mit mancher Verwunderung.“ Verwundungen würden dabei nicht ausbleiben: „Wir werden einander von den Versuchungen kirchlichen Hochmuts erzählen.“ Das Gebet des Apostels Paulus um Liebe und Stärke für die Gemeinde in Ephesus bezog Noltensmeier auf die Christen der Gegenwart: „Der Apostel bittet für uns, die Erben einer großen Geschichte, die es mit ihrem Erbe schwer haben. Er bittet für uns, die Kinder einer großen Verheißung, die der eigenen Verheißung manchmal nicht recht trauen.“ Auf der Grundlage dieser Zusage Gottes, so der Prediger, warnen und mahnen Christen gemeinsam vor bedrohlichen Tendenzen: „Wenn die Seele der Einsamkeit überlassen wird, wenn Bildung sich auf äußere Fertigkeiten beschränkt, wenn Kindern so vieles geboten wird und doch so wenig an Zeit, an verlässlicher Begleitung, so wenig Räume des Vertrauens, in denen Kräfte wachsen und reifen. Dann werden wir gemeinsam Anwälte der Seelen sein, die Schaden nehmen, wenn sie dem Spiel der Gewalt, der Attraktion des Hasses ausgeliefert werden.“ Glaube und Vertrauen würden aufgeboten gegen das Böse, der Sonntag als Tag des Herrn „gegen das öde Einerlei von Erwerb und Konsum“.
Der Landessuperintendent sprach von einer „neuen Achtsamkeit“ für die Sprache des Glaubens, einer neuen Sehnsucht nach Gewissheit in der Relativität der Werte und Beziehungen, nach Verbindendem und Verpflichtendem in Einsamkeit und Willkür: „Wir denken an die Tage nach dem 11. September. Wir denken an Erfurt. Und auch religiös Unmusikalische hören Klänge, wie sie nicht die Instrumente der Macher in der geschäftig lärmenden Welt produzieren.“ Deshalb seien Christen aufgerufen, bei aller Verschiedenheit die Versöhnung zu bezeugen. Verschiedenheit als Reichtum bedeute: „Einander zu raten, wo die Verschiedenheit Irrtum und Abwege markiert. Einander zu sagen, was uns beschwert. Einander zu danken für das, was reich und schön ist in aller Vielfalt.“
Der Gottesdienst im Rahmen der Gebetswoche für die Einheit der Christen war der vierte in einer Reihe, die 1999 begann.

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