„Wir müssen reden!“ Mit Sabine Hartmann, Dieter Bökemeier, Anne Weber, Nihat Köse, Monika Korbach und Matitjahu Kellig (von links).

„Wir müssen reden!“

Talk der Religionen in der Heilig-Kreuz-Kirche in Detmold

Kreis Lippe/Detmold. In der Veranstaltungsreihe „Wir müssen reden!“ haben Christen, Juden und Muslime zu einer Gesprächsrunde über das Beten ins Gemeindehaus der katholischen Heilig-Kreuz-Kirche in Detmold eingeladen, an der rund 60 Gäste regen Anteil nahmen.





Unterschiedliche Gebetstraditionen und die Frage, ob ein gemeinsames Gebet möglich ist, standen im Mittelpunkt. Im christlichen Glauben erlernten viele Menschen das Beten bereits im Kindesalter, erläuterte Bildungsreferentin Monika Korbach (Lippische Landeskirche). Das Abend- und Tischgebet gehöre zur Tradition, die meistens von Müttern überliefert wurde. Sabine Hartmann, Referentin für ökumenisches Lernen der Lippischen Landeskirche, brachte die Gebetshaltung ins Gespräch. Händefalten biete einen äußeren Rahmen und fördere die Konzentration und Ruhe. Das intensive und freie Tischgebet sei ihr besonders in Partnerkirchen im Ausland begegnet. Dass Gebete den Tagesablauf und Gottesdienst gliedern und festen Halt im Alltag geben können, darauf wies Dieter Bökemeier (Landespfarrer für Ökumene und Mission der Lippischen Landeskirche) hin. Ein gemeinsames Gebet mit Andersgläubigen könne er sich persönlich gut vorstellen, obwohl dies noch nicht allgemeiner Konsens  sei.  Aus der Sicht von Nihat Köse (Islamisches Kommunikationszentrum Detmold) spreche nichts dagegen, mit Angehörigen anderer Religionen gemeinsam zu beten, solange man die gleichen Absichten verfolge. Dafür müsse kein Einheitsgebet entstehen. „Gebete erinnern den Menschen daran, dass er ein Geschöpf Gottes ist, was er leider oft vergisst.“ Der Islam kenne neben Gebeten zu besonderen Anlässen fünf tägliche Pflichtgebete. Auf die Frage, ob es nicht distanziert sei, in einer fremden Sprache zu beten, antwortete Köse: „Der Koran und viele Gebete sind in Arabisch geschrieben, man kann es lernen und den Texten näher kommen.“

Matitjahu Kellig (Jüdische Gemeinde Herford-Detmold), ging auf das Gebet im Judentum ein: Der Sabbatgottesdienst enthalte viele Gebete und werde oft selbst als Gebet bezeichnet. Das Kaddisch, eines der wichtigsten Gebete des Judentums, das an das Vaterunser erinnere, werde bei Beerdigungen gesprochen, obwohl es eine Lobpreisung Gottes sei. Es dürfe nur in Anwesenheit von mindestens zehn jüdischen Männern gesprochen werden. Ob es bei Holocaust-Gedenktagen gebetet werden sollte, sei eine individuelle Frage, der man mit Respekt begegnen müsse.

Anne Weber (katholische Dozentin an der Universität Paderborn und Klinik-Seelsorgerin) brachte die Überlegung auf, inwieweit vorformulierte Gebete persönliche Anliegen treffen. In der Krankenhausseelsorge sei das Gebet ein Ort existentieller Fragen. Es gebe Raum, Fragen zu stellen und nicht nur dogmatische Antworten zu geben. Das freie Gebet sei persönlicher als das vorformulierte Gebet, das ritualisierte Gebet stifte jedoch Gemeinschaft, da es von allen mitgesprochen und verstanden werde. In existentiellen Grenzsituationen würden Gebete jegliche konfessionelle Barrieren überwinden.    

Ziel der Veranstaltungsreihe „Wir müssen reden!“ ist es, gegenseitiges Verständnis zu fördern und zur Vertrauensbildung beizutragen. Veranstalter sind zurzeit die Lippische Landeskirche, das Islamische Kommunikationszentrum Detmold e.V., die Jüdische Gemeinde Herford-Detmold und das Katholische Dekanat Bielefeld-Lippe.

26.02.2019