Die Christuskirche neu entdecken

100-Jahrfeier richtet den Blick nach vorn

Scherflein: Der Verkauf dieser Ansichtskarte trug vor 100 Jahren zur Finanzierung des Kirchenneubaus bei.

Detmold. Die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Detmold-West feiert am Samstag, 12. Januar, einen bedeutsamen Jahrestag: Auf den Tag genau vor 100 Jahren, am 12. Januar 1908, wurde die Christuskirche am Kaiser-Wilhelm-Platz mit ihrem stadtbildprägenden 65 Meter hohen Turm eingeweiht. Die Kirchengemeinde begeht das Jubiläumsjahr der Kircheneinweihung mit einer umfangreichen Veranstaltungsreihe.

Zum Auftakt der insgesamt 13 Jubiläumskonzerte und -vorträge diskutieren am Samstag, 12. Januar,  um 18 Uhr Landessuperintendent Dr. Martin Dutzmann sowie seine beiden Vorgänger Dr. Ako Haarbeck und Dr. Gerrit Noltensmeier über „Kirche der Zukunft – Zukunft der Kirche“. Pfarrer Nils Huchthausen und Kirchenvorstandsmitglied Matthias Melchert: „Die Festreihe beginnt bewusst mit einem Blick auf die Gegenwart und Zukunft der Evangelischen Kirche. Die Podiumsgäste werden an jüngere Weichenstellungen für das kirchliche Leben in Lippe erinnern und unter anderem Stellung nehmen zur Zukunftsfähigkeit von Kirche.“

Der Jubiläumssonntag, 13. Januar, steht ganz im Zeichen eines musikalischen Festgottesdienstes. Die Predigt hält Dr. Ako Haarbeck. Im Anschluss an den Gottesdienst wird eine Ausstellung zum Bau und zur Geschichte der Christuskirche eröffnet. Die Ausstellung wird an historische Fakten und Geschichten erinnern und Originaldokumente aus der Zeit der Planung und der Errichtung der Christuskirche präsentieren. Fotos, Texte und weitere Exponate werden die Geschichte des Kirchengebäudes und der Gemeinde in Ausschnitten darstellen. Nils Huchthausen und Matthias Melchert: „In den vergangenen 100 Jahren hat sich durch Kriege sowie politische und gesellschaftliche Umwälzungen sehr viel geändert. Die Ereignisse hinterließen Spuren, sowohl am Gebäude als auch in der Gemeinde.“

Die Ausstellung wird daran erinnern, dass um 1880 die Platznot in der damaligen Marktkirche, der heutigen Erlöserkirche, so groß wurde, dass nur der Bau einer weiteren Kirche Entlastung versprach. Dem Kirchenneubau ging eine mehr als 20-jährige Planungszeit voraus. Während dieser Zeit wurden verschiedene Bauplätze in der Detmolder Innenstadt erörtert, geprüft und wieder verworfen. Nachdem man sich um die Jahrhundertwende schließlich auf den Standort „Neuer Markt“ neben dem Kaiser-Wilhelm-Platz geeinigt hatte, wurde der aus Detmold stammende und in Berlin ansässige Architekt Otto Kuhlmann (1873-1948) mit dem Kirchbau beauftragt. Dessen unerwartet hoher Kostenvoranschlag lautete auf 284.000 Mark. Matthias Melchert: „Heute umgerechnet etwa 1,5 Millionen Euro.“ Die veranschlagten Baukosten bewegten die Gemeindeglieder zu einer eindrucksvollen Spendenbereitschaft. Geld- und Sachspenden, vielfach aus dem Kreis der lippischen Fürstenfamilie, sowie die Ausgabe von Anleihen durch die reformierte Stadtgemeinde ermöglichten die Baufinanzierung.

Kritiker meinten allerdings, dass der neugotische Baustil der Kirche „zu konservativ und zu katholisch“ sei. Die mit farbigen Ornamenten bemalten Wände sowie die mit Buntglas und biblischen Szenen geschmückten Fenster entsprächen nicht dem reformierten Bekenntnis. Dieser Streit hielt offenbar nicht lange an, denn nach schriftlich überlieferten Zeitzeugenberichten blickten bei der Einweihung alle Beteiligten mit Stolz auf ein reich geschmücktes und prächtig ausgestattetes Gotteshaus.

Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich die Einstellung eines großen Teils der Bevölkerung zur Kunstepoche des Historismus grundlegend. Man betrachtete die kathedralenähnliche Repräsentationsarchitektur der Christuskirche nun mit anderen Augen. Als wegen der Kriegsbeschädigungen und aufgrund normaler Abnutzungserscheinungen die Kirche in den Jahren 1961/62 renoviert wurde, erfolgte aus Kostengründen und theologischen Erwägungen eine zeitgemäße Vereinfachung: Die Wände wurden weiß getüncht, die Kirchenfenster erhielten eine helle Verglasung und die großen Kronleuchter wurden entfernt. Kanzel, Abendmahlstisch, Taufbecken und Gemeindegestühl blieben erhalten.

Das jetzt anstehende Jubiläum soll die Christuskirche in die öffentliche Wahrnehmung rücken. Dem dient auch ein Kalender mit historischen Erläuterungen und großformatigen Aufnahmen des Detmolder Fotografen Georg Weymann. Nils Huchthausen und Matthias Melchert: „Der Fotokalender bietet einen farbigen und informativen Zugang zu unserer Christuskirche und zeigt eindrücklich: Auch nach 100 Jahren lässt sich in und an unserer Kirche noch manch Neues entdecken! Er macht Lust auf einen Kirchenbau, der in all seiner Größe und Erhabenheit auch filigrane und verspielte Züge trägt.“ Der Fotokalender zum Jubiläum wurde herausgegeben vom Vorstand der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Detmold-West. Verkaufspreis: 12,50 Euro.

 

07.01.2008