Archiv 2005 - 2001

17.03.2004

Es gibt auch Prophetinnen und Jüngerinnen

Pressemitteilung: Neue Bibelübersetzung in „gerechter Sprache“ in der Bibliothek vorgestellt

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Lasen aus der Bibel in "gerechter Sprache": Dr. Matthias Millard und Bettina Hanke-Postma.

„Ein weiser Sohn ist seines Vaters Freude, aber ein törichter Sohn ist seiner Mutter Grämen“, wird der eingangs zitierte Spruch Salomos in der Lutherbibel übersetzt. Als „sprachlich ungerecht“, weil nur ein Sohn und keine Tochter genannt wird, und als schwer verständlich in der Wortwahl („Grämen“) empfinden Matthias Millard und die anderen fünfzig am Projekt beteiligten Übersetzer diese Übertragung und weitere Teile der Lutherbibel. Millard, der das Prophetenbuch Jesaja aus dem Hebräischen in eine „gerechte Sprache“ übersetzt, erläuterte in der Bibliothek den Zuhörern einige Grundüberlegungen: „Oft sind in den biblischen Sprachen Frauen mit gemeint, wo im grammatischen Sinne männliche Formen stehen.“ Die Texte seien in der Regel nicht ausschließlich auf Männer bezogen, auch wenn Luthers Sprache dies nahe lege. Millard: „Es gibt eben neben Richtern, Propheten und Jüngern auch Richterinnen, Prophetinnen und Jüngerinnen. Uns ist die wichtige Rolle von Frauen in der Bibel oft wenig bewusst.“
Dies betreffe auch Stellen, in denen Gott mit männlichen Formen benannt wird. Wo von Gott als „dem Herrn“ und „unserem Vater“ die Rede sei, schlage die Neuübersetzung das hebräische „Adonaj“ beziehungsweise „der Ewige“ oder „die Ewige“ vor. Und wenn der Apostel Paulus die Christen in Rom nach der wörtlichen Übersetzung von Martin Luther „von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus“ grüße, so laute in „gerechter Sprache“ der Gruß geschlechtsneutral „von Gott, unserem Ursprung, und von Christus Jesus, zu dem wir gehören“. Den „heiligen Geist“ verwandelt die „gerechte Sprache“ in die „heilige Geistkraft“.
Die „Bibel in gerechter Sprache“ soll nicht die gewohnte Lutherbibel ersetzen, sondern sie als „Zweitbibel“ ergänzen, beschrieb Millard die Zielrichtung des Projekts. In etwa zweieinhalb Jahren wollen die Übersetzer ihre Arbeit abgeschlossen haben. Seit drei Jahren beschäftigt sich das Team mit der Übertragung der biblischen Texte in eine „gerechte Sprache“. Den Anstoß dazu hatte vor mehr als zehn Jahren der Deutsche Evangelische Kirchentag gegeben, auf dem erste Übersetzungen nach diesem Prinzip vorgestellt wurden. Matthias Millard: „Der Kirchentag ist nun einmal die Schnittstelle zwischen Kirche und Gesellschaft, wo Probleme früher und deutlicher zu Tage treten.“
Die Bibelübersetzung wird zwar von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau unterstützt, sie ist aber kein offizielles kirchliches Projekt. Die Bibel wird in einem Verlag erscheinen und muss dann mit ihrem Inhalt für sich werben. Um die Übersetzung zu finanzieren, sei das Projekt auf Spenden angewiesen, sagte Matthias Millard. Weitere Einzelheiten dazu gibt es im Internet unter www.bibel-in-gerechter-sprache.de

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