Archiv 2005 - 2001

09.02.2004

Ein großer Suchprozess

Pressemitteilung: Schule und Kirche als Partner bei der Offenen Ganztagsgrundschule

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Tagungsleiterinnen Katja Albrecht und Doris Riffelmann von der Zentrale für evangelische Jugendarbeit, Schulreferent Günter Puzberg und Sabine Menzel vom Diakonischen Werk (von links).

So formulierte es Günter Puzberg, Schulreferent der Lippischen Landeskirche, bei einer Fachtagung zur Offenen Ganztagsgrundschule. 40 Vertreter beider Institutionen beschäftigten sich in Detmold mit Chancen und Risiken der Kooperation von Schule und Kirche auf diesem neuen Gebiet. Eingeladen hatten Pastorin Katja Albrecht und Doris Riffelmann von der Zentrale für evangelische Jugendarbeit der Lippischen Landeskirche in Kooperation mit dem Diakonischen Werk Lippe.
Einig waren sich die Betroffenen darüber, dass der Erlass des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder nicht ausgereift, sondern eine schnell gestrickte „Notlösung“ sei. Einig war man sich aber auch, dass es beim Betreten dieses Neulandes Chancen und Möglichkeiten gebe, die genutzt werden sollten.
In der Detmolder Bachschule geschieht das seit Beginn des Schuljahres mit 54 Kindern offenbar recht erfolgreich. Dabei sind die Voraussetzungen gerade hier nicht einfach, wie Schulleiter Franz Blank berichtete: 58 Prozent beträgt demnach der Anteil ausländischer Kinder, die aus 27 Nationen stammen, 40 Prozent der Eltern beziehen Sozialhilfe, 60 Prozent sind arbeitslos. „Die Schulfreudigkeit hat zugenommen“, beobachtet Blank bei den Kindern, die das Ganztagesangebot wahrnehmen. Das führt er zum einen auf die gute Hausaufgabenbetreuung zurück, zum andern aber auch auf das reichhaltige Programm, das von Förderung in Sprache oder Rechnen über Töpfern bis zur gewaltfreien Konfliktlösung reicht. Außerdem sei die verlässliche „Rhythmisierung“ des Tagesablaufs für die Sechs- bis Zwölfjährigen ganz wichtig und hilfreich. Schon jetzt stünden 18 Kinder auf der Warteliste. „Bringen Sie sich ein!“, lautete der klare Appell des Pädagogen an die Kirche.
In der evangelisch-reformierten Gemeinde Detmold-West geschieht dies bereits durch die seit Jahren praktizierte Hausaufgabenbetreuung am Hiddeser Berg. 24 Kinder aus sozial schwierigen Verhältnissen, die dort jeden Nachmittag unter der Verantwortung von Sozalarbeiter Peter Emmrich lernen und spielen, sind der Bachschule als Kooperationsgruppe angeschlossen.
Ein Beispiel, das zeigt: Die jeweilige örtliche Situation erfordert eine jeweils individuelle Lösung. Schulreferent Puzberg sprach von einem „großen Suchprozess“, der jetzt begonnen habe und in den sich Kirche und Schule mit ihren eigenen Möglichkeiten einbringen sollten. Möglichst ohne festgelegte Konzepte sollten dabei beide aufeinander zugehen: „Die Schwestern, die sich beide profilieren wollen, haben beide etwas zu gewinnen, aber auch zu verlieren.“ Die Schule sei auf gute Kooperationspartner angewiesen. Aber auch die Kirche habe letztlich keine andere Möglichkeit als mitzumachen. Aber auch die Kirche habe letztlich keine andere Möglichkeit als mitzumachen. Ein späterer Einstieg dürfte sich schwierig gestalten.
Dass dies die eigene kirchliche Arbeit wiederum verändern werde, ist für den Pfarrer und Diplom-Pädagogen Puzberg keine Frage: Manches nachmittägliche Gruppenangebot im Gemeindehaus wird davon betroffen sein. Die gesellschaftliche Verantwortung, die der Kirche aufgetragen sei, führe hier aber zu neuen Formen. Die praktische Umsetzung des christlichen Menschenbildes auch in der Offenen Ganztagsgrundschule wurde in der Diskussion als Beitrag der Kirchen genannt. Die evangelischen Erzieherinnen und Theologen konnten klar machen, dass dies nicht „Missionierung“ bedeutet, gegen die sich Schulverantwortliche mit Recht verwahren würden. Vielmehr sei die Einzigartigkeit jedes Menschen als Geschöpf Gottes leitend für das pädagogische Handeln.
Sabine Menzel, Fachberaterin für Kindertageseinrichtungen am Diakonischen Werk Lippe, zeigte Wege für die Kirchengemeinen und ihre Vorstände auf, sich an der Offenen Ganztagsgrundschule zu beteiligen. Verlässlichkeit, Finanzierung, Profil, Rahmenbedingungen: All das müsse nach sorgfältiger Beratung vertraglich gut geregelt werden. Dazu bot sie die Unterstützung des Diakonischen Werkes an.

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