Archiv 2005 - 2001

22.09.2003

Wenn das Leben fremd wird

Pressemitteilung: Gottesdienst zum Welt-Alzheimertag in Horn

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Angehörige von Alzheimer-Kranken haben viele Lasten zu tragen, wie Pfarrerin Petra Stork mit schweren Steinen deutlich machte. Doch trotz dieser Lasten könne man Trost finden.

Das Thema „Alzheimer“ gingen die Mitwirkenden in eigenen Beiträgen ganz unterschiedlich an. Lisa Schrader schilderte einen denkbaren Tag im Leben einer erkrankten Frau. Eine Frau, die morgens aufwacht und sich wundert, warum sie eine weiße Decke statt der alten dunklen Holzdecke über sich sieht. Eine Frau, die Kleiderfarben nicht mehr unterscheiden kann. Eine Frau, die eine Freundin besuchen will und von deren irritierter Tochter darüber aufgeklärt wird, dass die Freundin schon lange verstorben sei.
Dr. Ursula Arhelger-Neef erläuterte die medizinischen Hintergründe der Alzheimer-Krankheit. Sie entsteht durch Eiweiß-Ablagerungen im Hirn, die die Funktionfähigkeit der Nervenzellen stören und letztlich zerstören. Alzheimer sei eine Alterskrankheit, an der jeder dritte Mensch über 80 Jahre leide. Angesichts der steigenden Lebenserwartung werde die Krankheit in Zukunft wohl noch weiter um sich greifen. Symptome seien eine Störung des Zeitgefühls, der Verlust einfacher Fähigkeiten, Orientierungslosigkeit, eine fortschreitende Minderung der Sprachfähigkeit und schließlich das Vergessen auch von Dingen und Personen, die einmal im Leben des Erkrankten wichtig waren. Die Krankheit ist unheilbar. Allerdings könne das Fortschreiten von Alzheimer durch frühzeitige Therapie gebremst werden, sagte die Ärztin.
Ursula Wulff änderte für die Gottesdienstbesucher in Horn die Perspektive. Sie berichtete als Angehörige über das Leben mit einer an Alzheimer erkrankten Mutter. Sie erzählte von einem Prozess, den sie zunächst als Krankheit gar nicht bemerkte. Ihre Mutter habe sich nicht mehr im Verkehr zurecht gefunden, Kleinigkeiten vergessen und sei depressiv geworden – Symptome, die irgendwann dann doch nicht mehr zu übersehen waren und weiter fortschritten. Ihre Mutter habe den Weg in bestimmte Zimmer nicht mehr gefunden, kaum noch reden können, ihre Persönlichkeit sei zerfallen.
Als Angehörige stehe man hilflos daneben, das Leiden eines geliebten Menschen bereite großen Kummer. Dazu komme die körperliche Anstrengung bei der Pflege, die Auseinandersetzung mit dem medizinischen Dienst der Krankenkassen oder mit Gerichten. Bekannte und Verwandte reagierten oft mit Unverständnis auf die Situation. „Und irgendwann kommt die Einsicht, dass man häusliche Pflege, Familie und Haushalt oder Beruf nicht mehr unter einen Hut bekommt. Schuldgefühle angesichts eines scheinbaren eigenen Versagens sind die Folge.“ In das von Hildegard Meinel formulierte und vorgetragene Fürbittengebet wurde die Nöte der Kranken, ihre Angehörigen und Betreuer aufgenommen.
In dieser Situation benötige man jemanden, der hilft, die Lasten zu tragen, betonte Petra Stork in ihrer Predigt. Angehörige bräuchten Trost, wie ihn der erkennende und erforschende Gott des Psalmisten spende. Irdischen Trost gibt es jedoch auch. Margrit Götz stellte die Arbeit der Alzheimer-Selbsthilfegruppe in Detmold vor. „Das Gespräch mit Menschen, die die gleichen Sorgen haben, hilft. Angehörige merken, ich stehe mit meinen Problemen nicht allein.“

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