Luther und die Bauern: Ein großes, tragisches Missverständnis

Der Evangelische Bauerntag 2017 erinnert an den langen Kampf der Landwirte um die Freiheit

Horn-Bad Meinberg. Die Lippische Landeskirche hat am 11. Juni den Evangelischen Bauerntag 2017 in der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Bad Meinberg veranstaltet. Nach einem gemeinsamen Gottesdienst und einer vom örtlichen Landfrauenverband ausgerichteten Cafeteria stand ein Vortrag von Jürgen Groger im Zentrum des Nachmittags.

Anlässlich des Reformationsjubiläums rückte der ehemalige Leiter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (Kreisstelle Osterode) unter dem Titel „frei sein…“ das Verhältnis von Martin Luther und den Bauern in den Fokus: Wie frei waren die Landwirte damals, wie frei sind sie heute? Im Gemeindehaus am Müllerberg nahm Groger die Anwesenden mit in die Zeit vor 500 Jahren, als die Rechte der Bauern immer stärker eingeschränkt wurden, während sich die Abgaben häuften. „Die Bauern glaubten jedoch, sich auf ein göttliches Recht berufen zu können, das sie aus der Leibeigenschaft befreien würde“, erklärte Groger. Während sich die Kirche selbst in einer Legitimationskrise befand – viele Pfarrer hatten keine Bindung zur Gemeinde und benutzten die lateinische Sprache, die viele gar nicht verstanden –, setzten die Bauern ihre Hoffnung in Martin Luther, der 1520 von der „Freiheit eines Christenmenschen“ sprach.

Luther und die Bauern: Für Groger war dies die „Geschichte eines großen tragischen Missverständnisses“. Denn obwohl Luther das Unrecht der Bauern ansprach, argumentierte er, dass man der Obrigkeit, sofern von Gott eingesetzt, untertan sein müsse. Das Band zerriss, die Bauern pfiffen Luther aus und bewarfen ihn mit Steinen – und zogen in den Bauernkrieg, in dem sie in ihrer deutlichen Unterlegenheit nur verlieren konnten. Dennoch: Mit der zumindest schrittweise erfolgenden Umsetzung der in dieser Zeit verfassten „Zwölf Artikel“ bahnt sich für die Bauern ein Weg in die Freiheit. Auch heute, so machte auch die anschließende Diskussion mit Dirk Hauptmeier (Beauftragter der Landeskirche für den ländlichen Raum) deutlich, würden die Bauern immer wieder in ihrer Freiheit eingeschränkt. „Das kann aber nicht mit dem grausamen Leid verglichen werden, das die Menschen damals erfuhren“, konstatierte Groger.

Zuvor hatte Pfarrerin Irmela Lutterjohann-Zizelmann im Gottesdienst das Gleichnis vom Sämann (Mk 4, 2-9) in den Fokus ihrer Predigt gerückt. Es zeige, dass nicht die Größe der menschlichen Leistung den Ertrag bestimme. „Der Sämann ist sich bewusst, dass vielleicht nur der geringste Teil der Saat auch Früchte tragen wird“, betonte sie. „Doch er weiß, dass er sich auf Gottes Geschenk verlassen kann.“ Ebenso segensreich: das Engagement der Damen vom Landfrauenverband Horn-Bad Meinberg, die mit selbstgebackenen Torten eine Cafeteria ausrichteten.

14.06.2017