Zusammenhalt statt Entsolidarisierung

Diskussion über Rechtspopulismus und kirchliches Engagement

Egbert Rooze, Claus Wagner und Rita Schäfer (von links) thematisierten rechtspopulistischen Strömungen in Deutschland, Europa und Südafrika.

Kreis Lippe/Lage-Heiden. Werden gegenwärtig demokratische Freiheitsrechte und zivilgesellschaftliches Engagement von rechtspopulistischen Strömungen in Zweifel gezogen und bedroht? Werden die Meinungs- und die Religionsfreiheit in Frage gestellt? Mit dieser Themenstellung im Blick auf Deutschland, Europa und Südafrika beschäftigte sich eine Podiumsdiskussion im Alten Pfarrhaus Heiden am Mittwoch, 7. Juni.

Moderiert von den beiden Pfarrerinnen Brigitte Fenner (Heiden) und Stefanie Rieke-Kochsiek (Südafrikabeauftragte der Lippischen Landeskirche) sowie der landeskirchlichen Referentin für Ökumenisches Lernen, Sabine Hartmann, diskutierten die Publizistin und Südafrika-Expertin Dr. Rita Schäfer (Essen), der ev.-ref. Pfarrer Dr. Egbert Rooze (Antwerpen) sowie Pfarrer Claus Wagner (landeskirchlicher Beauftragter für politischen Extremismus, Detmold). Erörtert wurde auch die Frage, was Kirche tun könne, um sich für eine offene Gesellschaft einzusetzen.

Dr. Rita Schäfer erläuterte, dass in Südafrika vielerorts eine „Entsolidarisierung in der Gesellschaft“ feststellbar sei. Trotz des offiziellen Endes der Apartheid vor einem Vierteljahrhundert präge der frühere staatlich institutionalisierte Rassismus noch immer das Zusammenleben in Südafrika. Die schlechte wirtschaftliche Lage würde gern der Regierung angelastet, weil sie „schwarz“ sei. Obwohl man in Südafrika wisse, was Gewalt und Verfolgung bedeuteten, sei es 2015 zu fremdenfeindlichen Angriffen auf afrikanische Arbeitsmigranten gekommen, denen man die eigene Arbeitslosigkeit angelastet habe. Südafrikanische Kirchen sollten entschieden gegen Fremdenfeindlichkeit auftreten, da die Polizei und die Regierung dazu neigten, sich hier aus ihrer Verantwortung zu ziehen.

Dr. Egbert Rooze berichtete, dass in Belgien in den 1990er und 2000er Jahren der „Flämische Block“ (seit 2004: „Vlaams Belang“ - Flämische Interessen“) eine sehr stimmenstarke Partei gewesen sei. Sie habe nationalistische Positionen vertreten und sich für eine Begrenzung der Zuwanderung eingesetzt. Die protestantische bzw. reformierte Kirche Belgiens setze sich demgegenüber für ein „internationales Zusammenleben in Gemeinde und Gesellschaft“ ein. Rooze, in Antwerpen Verantwortlicher für kirchliche Flüchtlings- und Sozialarbeit, sagte, dass seine Kirche bei der Unterbringung und Wohnungssuche von Flüchtlingen helfe: „Kirche muss immer gegen die Ungerechtigkeit eintreten.“

Pfarrer Claus Wagner erinnerte daran, dass fremdenfeindliche Übergriffe auf Asylbewerber zugenommen und die „Reichsbürger“ Zulauf bekommen hätten. Trotz dieser Indizien für einen zunehmenden Rechtspopulismus seien rechte Parteien jüngst hinter ihren eigenen Wahlzielen zurückgeblieben. Der Rechtspopulismus sei dort erfolgreich, wo er den Schwachen und den von Armut Bedrohten den Eindruck vermittle, nur er könne Abhilfe schaffen. Kirche müsse dagegen bekräftigen, dass sie für Gerechtigkeit eintrete und auf der Seite der Schwachen stehe - allerdings aller Schwachen. Claus Wagner: „Es ist unsere Aufgabe, die Pluralitätsfähigkeit zu fördern.“ Dabei dürfe man sich nicht auf den interreligiösen Dialog beschränken, sondern müsse sich mindestens genauso engagiert an die Menschen wenden, die sich keiner Religion zugehörig fühlten.

09.06.2017

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