„Spiel mit dem Schrecken“

Halloween als Gesprächsthema in der Theologischen Bibliothek

Charlotte Niedernolte (links) und Bettina Hanke-Postma diskutierten mit Gästen in der Theologischen Bibliothek über die wachsende Popularität von Halloween.

Kreis Lippe/Detmold. Halloween führt kein Schattendasein mehr. Als nächtlicher Partyspaß zwischen dem Reformationstag (31. Oktober) und dem Allerheiligenfest (1. November) erfreuen sich Halloween-Feiern insbesondere bei Kindern und Jugendlichen wachsender Beliebtheit. Die Frage, wie Christen mit Halloween umgehen, stand am Donnerstag, 19. Oktober, im Mittelpunkt eines Gesprächsabends in der Theologischen Bibliothek der Lippischen Landeskirche.

Pfarrerin Bettina Hanke-Postma und Charlotte Niedernolte, Fachleiterin für evangelische Religionslehre in der Grundschule, schlugen vor, als Christen Halloween nicht zu feiern. Allerdings sollte man dies vergleichsweise neue Element der europäischen Spaß- und Freizeitkultur weder verteufeln noch ignorieren. An der Schule und in der kirchlichen Jugendarbeit könne man die Popularität von Halloween nutzen, um mit Kindern und Jugendlichen darüber zu sprechen, wie Ängste überwunden werden können.

Halloween sei als „Spiel mit dem Schrecken“ zu verstehen, sagte Pastorin Hanke-Postma. Wenn sich junge Leute als Zauberer und Hexen verkleideten und Geisterfratzen in ausgehöhlte Kürbisse schnitzten, erscheine dies als eine Art „Selbsthilfe angesichts der allgemeinen Todes- und Nachtverdrängung der Gesellschaft.“ In der Nachtseite von Halloween kehre in trivialer Form zurück, was verdrängt werde, aber zum Leben dazu gehöre. Das müsse nicht per se gesund und normal oder therapeutisch sinnvoll sein. Die Identifikation mit Gewalt oder „Totengeistern“ könne vorhandene Gewaltbereitschaft stärken. Für Christen komme es darauf an, so Bettina Hanke-Postma, „die dunkle Seite in uns wahrzunehmen, aber ihr das Licht der Nächstenliebe entgegenzusetzen.“

Charlotte Niedernolte sprach sich dafür aus, als Antwort auf Halloween und den damit verbundenen Schreckenskult christliche Feste und Bräuche, etwa den Reformationstag und die Martinsumzüge, stärker ins Bewusstsein zu rufen. In der Vergangenheit hätten Christen hier möglicherweise zu zaghaft agiert. Wenn es den christlichen Kirchen nicht gelinge, der breiten Öffentlichkeit die Bedeutung des Reformationstages und des Allerheiligenfestes zu erklären, trete die Konsumkultur an die Stelle christlicher Tradition.

Geschichtlich gesehen ist Halloween ein kommerziell überaus erfolgreicher Re-Import europäischer Tradition aus den USA. Der Ausdruck Halloween stammt von „Allhallows Eve“ und bezeichnete in früheren Jahrhunderten in Irland den Vorabend des Allerheiligenfestes. Irische Auswanderer brachten den „Allhallows Eve“- bzw. Halloween-Brauch, mit nächtlichen Umzügen die Geister der Toten zu bannen, in die USA, wo das Brauchtum seinen religiösen Sinn verlor und zum Partyspaß wurde. Seit den 1990er Jahren wird Halloween in Europa und auch in Deutschland immer populärer. Der Handel und die Medienindustrie haben Halloween als zusätzlichen Umsatzträger entdeckt, um mit Kostümen, Dekoartikeln sowie Filmen und Büchern Geld zu verdienen.

23.10.2006