Anregender theologischer Austausch: Richard Krause, Tomas Šernas, Frank Erichsmeier, Claudia Ostarek und Mindaugas Sabutis (von links).

Fest im Glauben

Austausch über Aufgaben der Kirchen in Litauen und Lippe

Detmold. Seit 20 Jahren pflegen die reformierte Klasse Detmold und die lutherische Klasse der Lippischen Landeskirche ihre Litauenpartnerschaft. Aus Anlass des Jubiläums waren leitende Theologen der lutherischen und reformierten Kirche mit weiteren Gästen aus Litauen zu Besuch in Lippe. Am vergangenen Samstag (17.11) standen im Rahmen eines Arbeitsgesprächs im Gemeindehaus am Markt Aufgaben und Herausforderungen der evangelischen Kirchen in Lippe und Litauen im Mittelpunkt. Der Austausch wurde moderiert von Pfarrer Frank Erichsmeier, Vorsitzender des Litauen-Partnerschaftsausschusses der Landeskirche.

Pfarrerin Claudia Ostarek, Superintendentin der Klasse Detmold, stellte ein Zitat von Jörg Zink in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen. Darin beschreibt der bekannte evangelische Theologe die Rolle der Kirche als Wirtshaus am Weg. Die Bibel sei eine „Weggeschichte“, machte Ostarek deutlich. „Wo Menschen unterwegs sind, geht Gott mit.“ Kirche müsse öfter dorthin gehen, wo Menschen sind, um sie auf ihrem Weg zu begleiten, sagte sie. Auch sollte Kirche – ähnlich wie ein Wirtshaus – offen sein für Jedermann: Sie sollte Menschen mit unterschiedlichen kulturellen, sozialen und religiösen Hintergründen zusammenbringen und ein gemeinsames Leben in Vielfalt unterstützen. Daher sei es auch wichtig, dass Kirche sich am gesellschaftlichen Prozess der Inklusion aktiv beteilige.
Für Pfarrer Richard Krause, stellvertretender Superintendent der lutherischen Klasse, sollte Kirche dorthin gehen, wo Menschen sind – „mitten in die Gesellschaft, wo das Leben pulsiert“. Es reiche nicht zu warten, bis Menschen von sich aus zu den geistlichen Angeboten kämen, mahnte der Theologe. Kirche sollte sich zudem häufiger trauen, auch mal „anzuecken“, sagte Krause und nannte die Themen Flüchtlingsarbeit, Kirchenasyl oder Hartz IV als Beispiele. Jesus habe sich vor allem um Menschen gekümmert, die am Rand der Gesellschaft standen. Tomas Šernas, Generalsuperintendent der reformierten Kirche in Litauen, betonte, dass sich Kirche vor allem auf die Vermittlung des christlichen Glaubens zu konzentrieren habe. „Wir müssen mit den Menschen über Jesus Christus sprechen und in ihm leben“, sagte der Theologe. Dabei sei es wichtig, auf die Bedürfnisse der Gläubigen einzugehen. „Wir müssen uns fragen: Was brauchen die Menschen? Wie können wir helfen?“, sagte Tomas Šernas. Der Geistliche berichtete den Anwesenden von den Plänen seiner Kirche, eine polnische Gemeinde für die polnische Minderheit in Litauen zu gründen. „Bei allem, was wir tun, sollten wir Jesus Christus fest im Blick haben.“
Der lutherische Bischof Mindaugas Sabutis bezeichnete es als Kernaufgabe, das Evangelium zu verbreiten. Die evangelische Kirche in Litauen habe wenige Kapazitäten, „aber wir haben Jesus Christus“, sagte er. Bei ihrer Arbeit sollte Kirche stets mit Liebe auf ihre Umwelt und die Mitmenschen schauen und sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst sein. Abschließend forderte der Theologe mehr Solidarität für Christen rund um den Globus, die wegen ihres Glaubens angefeindet werden. Rund 220 Millionen Christen würden weltweit diskriminiert und verfolgt, und die Welt scheine das schweigend hinzunehmen, beklagte der Geistliche. Das mache ihm Angst. „Wir müssen fest im Glauben sein!“ Nach den einzelnen Statements schloss sich eine anregende Diskussion zwischen den Teilnehmern des Rundgesprächs an.
 

22.11.2012