Umweltarbeit in der Kirche – Warum?

Gedanken zum Perspektivprozeß der Lippischen Landeskirche auf Basis der Grundaussagen von „Wege und Horizonte“ und den Ergebnissen der ökumenischen Visitation

„Er läßt sie bestehen für immer und ewig;
er gab eine Ordnung,
die dürfen sie nicht überschreiten“
(Psalm 148, 6)

Auf dem Weg zu Perspektiven in die Zukunft unserer Kirche im Rahmen eines Leitbildprozesses versuche ich die Herausforderungen aus dem Papier “Wege und Horizonte ” der Lippischen Landeskirche in Ihrer Relevanz für die kirchliche Umweltarbeit zu beschreiben. Die zweite Basis für diesen Aufsatz sind die Ergebenisse der Ökumenischen Visitation “Wie missionarisch ist unser kirchliches Handeln ” aus dem Jahre 2006 in der Lippischen Landeskirche. Die Umweltarbeit (in) der Landeskirche wirkt in das eigene konkrete Handeln der Kirche(ngemeinden). Der christliche Glaube mit seinen ethischen und theologischen Dimensionen wird so über die Kirche hinaus in der Gesellschaft sichtbar.

Wir kommen aus einer Geschichte, die das Leben der Menschen in unserer Region prägt.

Wir leben trotz der kleinen Region Lippe in einer vielfältigen Natur- und Kulturlandschaft, die die Strukturen unseres Zusammenlebens prägt. Durch den Wandel von einer reinen Agrargesellschaft, zu einer vom Mittelstand geprägten Industrie- und Dienstleistungsgesell­schaft hin zu einer mobilen Gesellschaft benötigen wir eine kirchliche Struktur, die mit die­sen stetigen Veränderungen wächst. Die Umweltarbeit kann dabei nicht isoliert, sondern muss im Zusammenhang mit den  Arbeitsfeldern gesehen werden, bei denen thematische Verknüpfungen vorliegen.

Dies bedeutet konkret:

  • Verständnis über die Zusammenhänge in unserer Kulturlandschaft vermitteln (ökologische und ökonomische Kreisläufe erkennen)
  • Handlungsmöglichkeiten in Kirche und Gesellschaft erarbeiten
  • Umsetzen der Handlungsmöglichkeiten für eine nachhaltige Entwicklung der Region
  • Kirchliches Handeln ist Teil der Gesellschaft und in die Wechselwirkungen eingebunden.

Wir bieten Menschen in Lippe eine Heimat.

Heimatlose Menschen sind entwurzelt und benötigen eine Orientierung für ihr weiteres Le­ben. Insbesondere durch Flucht und Vertreibung in Folge von Krieg, aber auch gesell­schaftlichen und ökologischen Veränderungen lassen Menschen nach einer neuen Heimat suchen. Als Kirche und Christen ist es unsere Aufgabe diese Menschen in ihrer Not nicht al­leine zu lassen.

Dies bedeutet konkret:

  • Hintergrundinformationen über die Gründe von Migration für „Einheimische“ (Ökologische Vertreibung / Klimaveränderung / Umweltkatastrophen)
  • Zusammenhang unserer Lebensweise mit den Ursachen von Migration

Wir sind eine Kirche, die sich von den Gemeinden her aufbaut.

Durch unsere synodale Strukturen, die sich von der kleinen Einheit zum Großen orientiert stehen die Gemeinden in der besonderen Verantwortung Bewahrung der Schöpfung erleb­bar und erfahrbar zu gestalten. Von Seiten der Landeskirche werden inhaltliche Impulse ge­geben und die Gemeinden so in die Lage versetzt verantwortlich zu Handeln. Durch die Pflege von Kontakten, zu stellen und Gruppen außerhalb der Landeskirche wird Kirche als teil der Gesellschaft erfahrbar.

Dies bedeutet konkret:

  • Kontakt der Ortsgemeinden zu anderen Gruppen vor Ort über die inahltliche thematische Auseinandersetzung und Kooperationen (NABU / Biologische Station zu – Kirchengemeinden)
  • Weitertragen in das Handeln des einzelnen Gemeindeglieds
  • Landeskirche als Basis und Vermittler von Informationen und Kontakten, die die Gemeinde konkrekt handeln lassen;

Wir gestalten unseren Gottesdienst vielfältig.

Durch in Form und Inhalt vielfältig gestaltete Gottesdienste sprechen wir Menschen in un­terschiedlichen Lebenszusammenhängen an. So können thematische Gottesdienste zu Fragen des gesellschaftlichen Lebens auch unter Einbeziehen von Gemeindegruppen und / oder Beauftragten Orientierung und Denkanstoß geben.
Gottesdienste ermöglichen das erleben von Gemeinschaft und erfahren von spiritueller Zu­rüstung für das Alltagsleben. So kann Orientierung für das tägliche Handeln gegeben wer­den.

Dies bedeutet konkret:

  • Erntedankgottesdienste konkret auf Einzelthemen der Schöpfung beziehen
    (Wasser, Brot, Vielfalt der Schöpfung, Energie, …)
  • Tag der Umwelt mit Gottesdienst und Aktionen bereichern
  • Nutzen der Aktion “nachhaltig predigen”

Wir stellen uns der Vielfalt von Glaubens- und Lebensformen.

Die Vielfalt unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit erfordert die Auseinandersetzung mit ihr. Durch die Begegnung mit Menschen, die sich in ihren Glaubens- und Lebensformen von uns unterscheiden, werden wir bereichert und können unsere Vorbehalte abbauen. Dies kann auch auf den Umgang mit der Schöpfung übertragen werden. Hier ist eine Auseinan­dersetzung mit unterschiedlichen Meinungen und Wissenständen und ihre Bewertung im biblischen, ethischen und theologischen Kontext wichtig.

Dies bedeutet konkret:

  • Bewahrung der Schöpfung: Beispiel für den Versuch des gerechten Handelns.
  • Konkretes Handeln: Einkauf, Wirtschaften, Pflegen, Vermitteln von Wissen in den Gemeindegruppen

Wir bieten Menschen Orientierung.

In unserer Gesellschaft werden durch zusätzliches Wissen und neue technische Möglichkeiten immer mehr Menschen verunsichert. Unser Lebensstil bedarf der Orientierung aus einer biblischen und theologischen Sicht. Durch die ethische Bewertung nimmt die Kirche eine zentrale Rolle in der gesellschaftlichen Diskussion und Meinungsbildung ein. Durch die Einordnung der technologischen Möglichkeiten und ihrer Aus­wirkungen auf uns Menschen und die Schöpfung und unsere Beziehung zu Gott geben wir Impulse für das eigene Handeln.

Dies bedeutet konkret:

  • Ethische Bewertung bei neue Technologien (Gentechnik, Klonen, Nanotechnik …) als Basis für gesellschaftliche Diskussion durch Experten und die Weitervermittlung in die gemeindliche Praxis.
  • Schöpfungsorientierte Bildungsarbeit als Fortbildung für Mitarbeiter/innen in Gemeinden und Gruppen
  • Befähigung zum eigenständigen Beurteilen von sich verändernden Bedingungen in der Kirche.
  • Inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Begriff Nachhaltigkeit und Umsetzen in konkretes Handeln.

Wir geben Menschen Hilfe und Halt, Trost und Beistand.

Neben den persönlichen Krisenstellen im Leben der einzelnen Christen ist die Kirche als Anwalt in gesellschaftlichen Veränderungsprozessen gefordert, damit Menschen nicht allei­ne und ohnmächtig für sie nicht durchschaubaren Situationen ausgesetzt sind. Diese Opti­on für die Schwachen und Armen erlangt die Kirche als Moderator in gesellschaftlichen Ver­änderungsprozessen eine zusätzliche Bedeutung. Diese doppelte Rolle als Anwalt und Moderator erfordert vertrauensvolle Arbeit mit den Schwachen und Starken.

Dies bedeutet konkret:

  • Ernstnehmen der Sorgen und Ängste bei neuen Technologien und ihrer Bewertung.
  • Nachfragen bei Industrie, Verbänden und Politik, wenn der einzelne nicht ernst genommen wird und so die Möglichkeiten der großen Organisation Kirche nutzen
  • Sachkundige Moderation von (Umwelt-)Konflikten

Wir verknüpfen unterschiedliche Erfahrungen, Kompetenzen und Wissen miteinander.

Eine Stärke unserer Kirche ist die Vielfalt an Menschen. So lassen sich Brücken zwischen Interessengruppen schlagen und Erfahrungen teilen. Das Hinterfragen von vermeintlich eindeutigen Meinungen bricht Blockaden auf. Es wird so ein Prozess interdisziplinärer Diskussion angestoßen. Eine besondere Chance ist die Verknüpfung von spiritueller (emotionaler) Erfahrung mit scheinbar kühler und klarer Sachlichkeit. Kon­kretes Handeln wird so aus dem Glauben heraus begründet und strahlt so in die Welt hin­aus.

Dies bedeutet konkret:

  • Pluralität der Professionen führt zu breitem Spektrum, dass komplexe Fragen vielfältig untersuchen lassen: Unterschiede in der Sichtweise lassen die Fragen deutlicher werden.
  • Gentechnik aus der Sicht der Forscher, Landwirte, Ökonomen, Ethiker, Theologen, Ökologen
  • Energieerzeugung aus der Sicht der Techniker, Ökonomen, Ethiker, Ökologen, Verbraucher
  • Kirche benötigt Sachverstand zu fragen und zu beurteilen aus ihrer eigenen Sicht und Verantwortlichkeit.

Wir setzen uns ein für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.

Die Themen des Konzilliaren Prozesses bilden in ihrem Dreiklang eine untrennbare Einheit. Hier wird unser Glaube konkret erfahrbar; die Auswirkungen unseres täglichen Handelns werden sichtbar. Die eingehende Beschäftigung mit diesen Fragen läßt uns Schritt für Schritt den Weg zu einem nachhaltigen, auf Zukunft angelegten Weg, für eine lebens- und liebenswerte Welt gehen. Unsere Partner in der Ökumene ermöglichen uns eine Sicht von Außen auf unsere Situation und die Auswirkungen unseres Handelns.

Dies bedeutet konkret:

  • Recherche des aktuellen Sachstands und seine Bewertung aus kirchlicher Sicht
  • Bildungsarbeit nach Innen und Aussen:
  • konkretes Handeln in der täglichen Praxis
  • Reflexion des eigenen Handelns

in unterschiedlichen Themenfeldern:

  • Förderung ziviler Friedensdienste , damit der Zusammenhang zwischen ökologischen Kathastrophen, Ungerechtigkeit als Ursache von Unfrieden begegnet wird.
  • Verknüpfen von den drei Themen des Konzilliaren Prozesses in der Zusammenschau bei den Friedenstagen, Fortbildungen und Ausbildung.
  • Umweltmangementsystem Grüner Hahn: Kirche muss glaubwürdig handeln; Industrie ist hier teilweise schon weiter, und nutzt die Potentiale der Imagebildung.
  • Umwelt als Thema der Visitationen
  • Projekt umweltgerechtes Einkaufen / Wirtschaften von EKD und kath. Bistümern in die Landeskirche und ihre Gemeinden einbringen.
  • Beratung der Kirchengemeinden bzw. vermitteln der Beratung durch die Landeskirche
  • Vom Reden zum Tun animieren. Vorbildhaftes Handeln in Gemeinden an andere Gemeinden weiterreichen. (Neue Broschüre zur Biodiversität mit Best practice Projekten als Vorbild nutzen)
  • Verbindung der Themen Weltbevölkerung, Ernährung, Armut, Gerechtigkeit, Ökologie herausstellen
  • Natürliche Ressourcen, Klimawandel Konkurrenz um die Ressourcen
  • Kooperation mit außerkirchlichen Partnern zu den Themen Gerechtigkeit und Umwelt Frieden im Rahmen von Bündnissen wie der Klimaallianz, …
  • Nachhaltiger Umgang mit den Anvertrauten Ressourcen in ökonomischer und ökologischer Hinsicht
  • Initieren und Beraten bei der Investition von Rücklagen in nachhaltige ethische Investitionen (fairer Handel, ökologisch oreintierter Einkauf, Windenergie, Solarenergie,…) nach best practice Kriterien mit harten Ausschlusskriterien
  • überlegtes Handeln bei den Täglichen Entscheidungen. 30% richtige Entscheidungen sind besser als 100 % richtige Überlegungen ohne konkretes Handeln.
  • umweltfreundliche (Groß-)veranstaltungen (Vorbilder Ev. Kirchentage).
  • Erstellung von Umweltbilanzen
  • CO2-Kompensation des Energieverbrauchs für Mobilität (Vorbild: EKD-Synode, VEM, …), Heizen, Gerätebetrieb in unserer Kirche
  • Nutzung von Öffentlichen Verkehrsmitteln (Bahn und Bus), wo möglich
  • Bildung von Fahrgemeinschaften bei Dienstreisen, wenn KFZ unbedingt notwendig.
  • Vermeidung von Flugverkehr, soweit möglich,
  • Energiesparender Technikeinsatz (EDV, Kopierer)

Wir machen Menschen mit unserem christlichen Glauben bekannt.

Die Grundlagen unseres Glaubens geraten durch die verschiedensten Veränderungen in Gesellschaft und Kirche in den Hintergrund. Für eine Zukunft als Kirche müssen wir sprach­fähig über unseren Glauben sein. Durch die Auseinandersetzung mit den Fragen von Wer­den (Schöpfung) und Vergehen (Tod) können wir an die Grundfragen der Existenz anknüp­fen und Menschen helfen die biblischen Texte aus dem Kontext einer Agrargesellschaft in unserer heutige Zeit zu verstehen.

Dies bedeutet konkret:

  • Bildungsarbeit / Ausbildung für Mitarbeiter/innen zur Vermittlung von Hintergrundwissen für die Entschlüsselung biblischer Bilder und Gedanken (Bilder der bäuerlichen Welt der biblischen Zeit sind in den heutigen Zusammenhängen nur schwer zu verstehen)

Wir geben Menschen Gelegenheit, ihren Glauben zu teilen.

Durch die Beschäftigung mit Fragen der Ökologie und Gesellschaft auf der Basis des christlichen Glaubens gestalteten wir unsere Lebenswelt. Mit diesem handlungsorientiertem Ansatz, der die geistlich, spirituelle Weiterentwicklung und das glaubwürdige Handeln einschließt, bieten sich Möglichkeiten unseren Glauben konkret zu leben. Bei Begegnung mit außerkirchlichen (Umwelt-)Gruppen er­geben sich so Möglichkeiten über die Motivation unseres Handelns zu sprechen.

Dies bedeutet konkret:

  • Biblisch begründete Bildungsarbeit für Theologen und Laien
  • Einbringen von Themen des Konziliaren Prozesses in die normale gemeindliche Praxis und auch bei Bibelwochen

Wir befähigen Menschen, über ihren Glauben zu sprechen.

Kenntnis und Erfahren unseres Glaubens sind eine Basis unseres persönlichen Glaubens. Die Sprachfähigkeit muß eingeübt werden. Hierzu kann die aktive und verantwortliche Mit­gestaltung des Gemeindelebens, insbesondere von Gottesdiensten beitragen. Themen mit einem hohem Alltagsbezug, wie Schöpfung und Erntedank ermöglichen eine breite Beteili­gung unterschiedlichster Menschen, die so über ihren Glauben nachdenken und sprechen können.

Dies bedeutet konkret:

  • Theologische Bildungsarbeit an den Grundthemen des Glaubens zu schöpfungsrelevanten Themen.
  • Übersetzung der Bildugung einer Agrargesellschaft biblischer Zeit in unser heutige Welt.
  • Konkretes Handeln und seine theologische Begründung als Ansatzpunkt für Gespräche mit kirchenfernen Menschen erkennen und so die Bedeutung des Glaubens für das eigene Leben darstellen können

Perspektiven für die Zukunftsfähigkeit lösen sich von der Vergangenheit und schauen auf die Möglichkeiten unserer Vision von einem Reich Gottes in dieser Welt und in der Zukunft.

Die Umweltarbeit in unserer Landeskirche setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen und wird gestaltet aus verschiedenen Ansatzpunkten mit unterschiedlichen Akteuren:

  • Kammer für Frieden und Umwelt
  • Umweltbeauftragung
  • Referat für Ökumene und Mission
  • Gemeinden und ihren Gliedern

und darf nicht auf Konservierung von Standpunkten und Handeln beschränkt sein. Eine solche Betrachtung der Vergangenheit ist wichtig für die Betrachtung der Basis und Herkunft unseres Handelns. Für den Zukunftsprozess, der auch die Glaubwürdigkeit des Handelns als Maßstab für den Glauben sieht, richtet den Blick in die Zukunft.

17.06.2008 Heinrich Mühlenmeier