Für eine gerechtere Welt

Gottesdienst erinnert an Gründung der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste

Die ASF-Freiwillige Susanne Behr (Berlin, 21 Jahre) gab nach dem Gottesdienst am Bücherstand und während der Diskussion Auskunft über ihre Arbeit in der integrativen Wohngruppe „Arche“ im holländischen Gouda.

Kreis Lippe/Lemgo. Mit einem Festgottesdienst erinnerte die Lippische Landeskirche am Mittwoch, 19. November (Buß- und Bettag), in der Kirche St. Johann an die Gründung der „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ (ASF) vor 50 Jahren in Berlin. Landessuperintendent Dr. Martin Dutzmann hob in seiner Predigt hervor, dass die Aktion Sühnezeichen im Nachkriegsdeutschland zu „Buße und Umkehr“ aufgerufen habe. Die von der ASF damals wie heute angemahnte Auseinandersetzung mit den Folgen des Nationalsozialismus sei eine Voraussetzung dafür, „Zukunft zu schaffen“.

Dr. Dutzmann nahm in seiner Predigt Bezug auf das 1. Kapitel des Buchs Jesaja, in dem es heißt: „Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, lasst ab vom Bösen! Lernet Gutes tun, trachtet nach Recht …“ (Vers 16 und 17). Dieser vom Propheten Jesaja geschilderte „Zornesausbruch Gottes“ beinhalte die Chance eines Neubeginns. Dutzmann: „Jeder Zornesausbruch kann der Anfang einer neuen Achtsamkeit und das Signal sein, den bisher beschrittenen Weg umzukehren.“ Ähnlich empfinde er, so Dutzmann, den 1958 von ASF-Gründer Lothar Kreyssig, damals Präses der Kirchenprovinz Sachsen, auf der EKD-Synode in Berlin vorgetragenen ASF-Gründungsaufruf: „Ein Aufruf, Gottes Worte und Weisungen in den Alltag umzusetzen.“

Dr. Dutzmann vertiefte in einem Predigtgespräch mit dem stellvertretenden ASF-Geschäftsführer Jens Pohl sowie den beiden ASF-Freiwilligen Martin Hecke und Philipp Pohlmann das Bemühen der Aktion Sühnezeichen, für eine friedlichere und gerechtere Welt einzutreten.

Der stellvertretende ASF-Geschäftsführer Jens Pohl erinnerte an einige Lebensstationen Lothar Kreyssigs und an die politischen Rahmenbedingungen der 1950er Jahre. Kreyssig, der wegen seines Engagements für die Bekennende Kirche und seines Widerstandes gegen die NS-Gesetzgebung 1942 als Richter in den Ruhestand versetzt worden war, habe in der Nachkriegszeit eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte, mit der eigenen Verstrickung, mit Schuld und Verantwortung eingefordert. Diese Auseinandersetzung sei mühsam erkämpft worden, wobei sich die von ihm ins Leben gerufene Aktion Sühnezeichen große Verdienste erworben habe. Als Friedensarbeit verstandene Sühne komme nie an ihr Ende. Die ASF vergesse die Vergangenheit nicht, schaue aber gleichzeitig nach vorn, indem sie neue Wege suche und gehe.

Was das in der Praxis bedeutet, schilderten die beiden ASF-Freiwilligen Martin Hecke (Bielefeld, 26 Jahre) und Philipp Pohlmann (Köln, 26 Jahre) den Gottesdienstbesuchern. Martin Hecke arbeitete einige Monate in der Jüdischen Gemeinde Brünn (Tschechien), wo er Senioren betreute. Er habe es als wichtig und beglückend empfunden, zum Dialog zwischen Deutschen und Tschechen und zum generationenübergreifenden Gespräch beigetragen zu haben. Philipp Pohlmann arbeitete als ASF-Freiwilliger einige Monate in Israel, und zwar in einem Seniorenheim mit Holocaust-Überlebenden in Tel Aviv sowie in der nationalen Gedenkstätte „Yad Vashem“ in Jerusalem. Er hoffe, so Pohlmann, in Israel durch seine zahlreichen Gespräche mit Senioren und jungen Leuten ein wenig zur Völkerverständigung zwischen Deutschland und Israel beigetragen zu haben.

Nach dem Gottesdienst berichteten im Rahmen einer Podiumsdiskussion weitere ASF-Freiwillige von ihren Friedensdiensten. Dabei wurde deutlich, dass die ASF-Projekte sich auf der Basis des christlichen Glaubens für eine Verständigung zwischen den Generationen, Kulturen, Religionen und Völkern einsetzen.

21.11.2008